Kinder und Jugendliche am Sterbebett
Auch Kinder und Jugendliche machen Erfahrungen mit dem Tod, z. B. eines Eltern- oder Großelternteils, eines Bruders oder einer Schwester. Über die Anzahl der vom Tod eines Familienangehörigen betroffenen Kinder in Deutschland ist kaum etwas bekannt (Deutscher Hospiz und Palliativ Verband e.V., Hg. 2017, 7f). Nach vorliegenden Schätzungen verlieren ca. 5% der Kinder bis zu ihrem 18. Lebensjahr einen Elternteil durch Tod (Walper 2002)¹. Bedingt durch die Corona-Pandemie ist dieser Anteil noch höher (Hillis u.a. 2021).
Der Tod ist Teil unseres Lebens. Auch Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf diese Wahrheit und auf angemessene Informationen. Sie spüren die Veränderung in der Familie, wenn ein Familienmitglied verstirbt. Oft glauben sie, dass dies durch ihr eigenes Tun (z. B. frech sein, eigene Fehler) verursacht ist. Angst oder Schuldgefühle können die Folge sein (Deutscher Hospiz- und PalliativVerband e.V. 2017, 22).
Kinder trauern anders als Erwachsene². Sie „hüpfen“ quasi von einer „Trauerpfütze“ zur nächsten und können im nächsten Moment fröhlich ihrem Alltag nachgehen.
Jugendliche hingegen beschäftigen sich oft mit der Frage nach dem Sinn des Lebens oder mit Jenseitsvorstellungen. Konzentrationsschwierigkeiten in der Schule oder auch ein zeitweiser Rückzug treten dann häufig auf und sind in dieser Phase normal.
Kinder und Jugendliche, die trauern dürfen und dabei begleitet werden, sammeln wichtige Lebenserfahrungen und haben – bei angemessenem Umgang – die Chance, gestärkt aus dieser Zeit hervorzugehen.
Wie kann das gelingen?
Folgendes hat sich als hilfreich erwiesen:
- Erzählen Sie dem Kind in passenden Worten die Wahrheit. Fragen Sie nach ihren/seinen Wünschen, Gedanken oder Befürchtungen.
- Geben Sie dem Kind die Möglichkeit, sich von dem Sterbenden oder der Verstorbenen zu verabschieden.
- Erklären Sie dem Kind vorher, was es erwartet, was es sehen wird.
- Begleiten Sie das Kind und achten Sie auf die Emotionen.
- Um zu begreifen, müssen Kinder oft sehen und fühlen. Sie dürfen den Sterbenden oder den Toten berühren, wenn sie es wünschen.
- Kinder nehmen Sie beim Wort. Vermeiden Sie Umschreibungen wie „Oma ist eingeschlafen“ oder „Opa ist von uns gegangen“.
- Lassen Sie das Kind an allen Ereignissen teilhaben, gerne auch mitgestalten (Besuch beim Bestattungsinstitut, Sargschmuck, Trauerfeier etc.), wenn es das wünscht.
- Erinnerungen und Rituale können hilfreich sein.
- Behalten Sie gewohnte Routinen bei, z. B. Mahlzeiten, Spiele, Verabredungen etc.. Sie geben Kindern und Jugendlichen Orientierung und Stabilität.
- Es ist auch gut, eine „trauerfreie Zone“ (Sportverein, Schule) zu haben, wo das Thema Tod nicht so präsent ist. Fragen Sie das Kind, wer dennoch informiert sein sollte, um ggf. Rücksicht und Schutz zu bieten.
- Bei Jugendlichen, die in diesem Alter auf der Suche nach der eigenen Identität sind, ist ein erhöhtes Maß an Toleranz und Wertschätzung in dieser Zeit sinnvoll.
¹) Es wird davon ausgegangen, dass in Deutschland ca. 800.000 Kinder einen Elternteil oder beide Eltern verloren haben.
²) Beschreibungen, wie Kinder trauern, finden sich z.B. bei Ennulat (1997), Informationen über Vorstellungen von Kindern und Jugendlichen vom Tod enthält z. B. der Beitrag von Fleck-Bohaumilitzky (o.J.)